Bericht zur Sicherheitssituation in Kunduz und Umgebung

ISAF in KunduzKunduz, 23.Juni 2007

Nach zahlreichen Anschlägen auf Bundeswehr, Militär, afghanische Polizei und Hilfsorganisationen, wie die Welthungerhilfe, hat sich auch im Norden Afghanistans die Sicherheitslage drastisch verschlechtert. Bisher galt gerade der Norden als relativ sicher und alle Organisationen konnten mit verhältnismäßig großer Gelassenheit in Nord-Afghanistan agieren. Dies galt auch für uns.

Spätestens seit den Anschlägen in Kunduz, bei denen drei Bundeswehrsoldaten und zahlreiche Afghanen umkamen und dem Anschlag auf die amerikanische Sicherheitsfirma DynCorp, die direkt im Anschluss nach dem Selbstmordattentat zwei Afghanen erschoss, ist keine Rede mehr vom sicheren Norden.

Für die Arbeit der Hilfsorganisationen vor Ort hat das Frühjahr eine einschneidende Veränderung nach sich gezogen. Offenes Auftreten der Mitarbeiter zahlreicher Organisationen in der Stadt Kunduz ist bisweilen nicht mehr möglich, die Organisationen haften für ihre Entwicklungshelfer und keiner möchte seine Kollegen einer vermeidbaren Situation aussetzen. Diejenigen die darunter zu leiden haben, sind die Afghanen selber. Als ich mich mit Kaufleuten und Ladenbesitzern unterhalten habe, sagten sie, dass sie im Moment nicht möchten, dass hier Ausländer herumlaufen. Weniger aus fremdenfeindlichen Gründen, mehr aus Angst, dass der nächste Anschlag wieder sie und natürlich auch die Ausländer trifft. Zumal vermutet wird, dass weitere Selbstmordattentäter im Norden unterwegs sind und auf potentielle Ziele warten.

Für unsere Arbeit hat es keinen unmittelbaren Einfluss, aber auch wir müssen jedes Mal aufs Neue entscheiden, wie wir uns zu verhalten haben. Da wir primär im Distrikt Qalay-i-Zal arbeiten und uns mit der Dorfbevölkerung, Polizei und Verantwortlichen intensiv über die Sicherheitssituation ausgetauscht haben, halten wir diese Region für relativ sicher. Natürlich genießen wir auch den Schutz der Bevölkerung in Qalay-i-Zal. Da die Region mehrheitlich von Turkmenen bewohnt wird, ist die Wahrscheinlichkeit groß, das sich nicht unmittelbar im Distrikt radikal-islamistische Kräfte aufhalten. Wir sind uns aber darüber bewusst, dass gerade der Bau der Mädchenschule und unser Einsatz für Bildung und Frauen solche Kräfte auf den Plan rufen könnte. Es gibt keine hundertprozentige Garantie. Dennoch glauben wir, dass durch Kurzaufenthalte, die Gefahr für uns persönlich weitaus geringer ist.

Strassenszene in KunduzAnders verhält es sich in Kunduz, da wir hier unseren Standort haben und unser Netzwerk aus Afghanen und Ausländern hier arbeitet. Bisher haben wir uns immer frei und unabhängig in Kunduz und Umgebung bewegen können. Seit diesem Frühjahr erledigen wir eigentlich nur noch das Notwendigste in der Stadt, das bedeutet unter anderem, der Gang in den Bazar wird nur noch kurz gehalten, für den Weg zum Bildungsdezernat nimmt man lieber einen kleinen Umweg in Kauf und läuft nicht direkt durch das Zentrum. Die Nähe zum Militär, ISAF und Polizei wird vermieden.

Solange die Situation in diesem Maße überschaubar ist, werden wir unsere Arbeit weiter fortsetzen.

1 Kommentar


  1. Christian Engel am 3. April 2011 um 10:44

    Auf eine Besserung der Situation warten auch wir.
    ich werde Ihre Berichte aufmerksam verfolgen

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