Im Schatten des Retezat
Ein schmaler Weg windet sich von Sălașu de Sus hinauf in die Hügel, vorbei an Obstgärten, Weiden und klaren Bächen. Am Ende des Weges liegt Peștera, ein kleines Dorf, das wirkt, als hätte es die Hektik der Welt nie erreicht. Bunte Bienenstöcke in den Gärten, und in den Höfen riecht es nach frischem Heu und Apfelmost.
Peștera zählt nur wenige Dutzend Häuser, verstreut zwischen grünen Wiesen und den ersten Ausläufern des Retezat-Gebirges. Die Menschen leben hier eng mit der Natur – sie melken ihre Kühe bei Sonnenaufgang, reparieren Zäune, pflegen ihre Gärten. Wer hierherkommt, sucht keine Sehenswürdigkeiten, sondern Stille – und Geschichten.
Eine davon erzählt ein alter Mann mit wettergegerbtem Gesicht. Wenn man ihn nach der Gegend fragt, zeigt er mit seinem Stock auf die Hügel: „Dort oben, über dem Wald, da stand einmal die Burg von Sălaș,“ sagt er. „Von da aus konnte man das ganze Tal sehen – bis hinunter nach Hațeg.“ Er spricht von Rittern, die einst durch diese Täler ritten, von verborgenen Wegen, auf denen Hirten und Soldaten die Berge überquerten. Während er erzählt, gleitet der Blick über die Landschaft – still, weit, fast unverändert seit Jahrhunderten. | Rumänien